Geopolitik (I): Z. Brzezinski neu gelesen
Die Ausbeutung anderer Staaten als Kolonien (Kolonialismus) beziehungsweise durch die Ausweitung des eigenen Herrschaftsbereiches auf andere Länder (Imperialismus) ist nach heutigem Verständnis moralisch-ethisch verpönt. Geopolitik[1] hingegen – eine Politik „für“ andere Nationen, weltweite Entscheidungen irgendwelcher Machtzentren für den Erdball, global governance – scheint in der öffentlichen Kommunikation, im Sprachgebrauch, zumindest teilweise, als etwas Normales zu gelten. Ist Geopolitik denn ethisch akzeptabel – oder wird da mit zweierlei Maß gemessen?
Die Existenz von Geopolitik – globale (Welt)Politik über Ländergrenzen hinaus – an sich ist schon bemerkenswert. Weiß die Mehrheit der Bevölkerung(en) davon?
Weg vom Nationalstaat?
Dass in den letzten Jahrzehnten in Deutschland eine Bewegung weg vom Nationalstaat hin zu größeren Einheiten wie der EU offiziell gefördert wird (vom Staatenbund in der europäischen Union, wie anfänglich intendiert, hin zu dem europäischen Bundesstaat), haben viele Bürger gemerkt, zur Kenntnis genommen. Nationaler Patriotismus (der mit negativem Beigeschmack versehene „Nationalismus“?) ist out?
Zum Inhalt der Geopolitik
Begegnet ist der Geopolitik wohl mancher durch das Buch des amerikanischen Professors und Präsidentenberaters Zbigniew Brzezinski. Schon der Titel
„Die einzige Weltmacht. Amerikas Strategie der Vorherrschaft“
ist bemerkenswert.
Im Vorwort interpretiert Hans-Dietrich Genscher, dass Brzezinski
„aus seiner Überzeugung keinen Hehl (mache), dass die weltweite Präsenz der USA nicht nur im amerikanischen Interesse (liege), sondern auch im globalen Interesse“ [2] [3]
Zu dieser Annahme scheint der amerikanische
Exzeptionalismus[4]
nach Auffassung vieler Amerikaner zu berechtigen. Die damit gewissermaßen selbst
auferlegte Rolle der Amerikaner als „Weltpolizist“ wurde und wird in den USA
(und anderswo) auch kritisch gesehen: Das Pendel der amerikanischen
(Außen)Politik schwingt seit fast dreihundert Jahren zwischen Internationalismus
und Isolationismus.
Die Ausnahmestellung der USA als Vorbildnation ist allerdings
beiden Auffassungen gemeinsam.
„Ihnen allen unterliegt das Selbstverständnis der Vereinigten Staaten als Vorbildnation.[5]
America First
Dieser US-amerikanische Exzeptionalismus tritt mal als "City upon a Hill" … auf, die nach innen gewandt das eigene Gemeinwesen stabilisieren will … . Nach außen soll sie gleichwohl nur als Vorbild und Ansporn dienen. Dieser breit verstandenen "America first"-Interpretation steht die "America number one"-Interpretation gegenüber.
America Number One
Dieser extrovertierten Lesart des Exzeptionalismus nach tritt die USA als "crusader state" … oder Kreuzfahrernation auf, welche die eigenen Wertvorstellungen missionarisch und unter Umständen sogar mit Waffengewalt nach außen trägt.“[6]
Der vormalige Präsident Joe Biden wird als Vertreter des Internationalismus gesehen[7], der jetzige Präsident Donald Trump kann (eher) dem Isolationismus zugeordnet werden.
Eine moralisch-ethische Wertung beider Ansätze ist problematisch, diese Aufgabe überlässt man am besten dem Leser …
[1] „Der Begriff Geopolitik wird sowohl in den Medien als auch in weiten Teilen der Politikwissenschaft als Synonym für gewaltträchtige und skrupellose Machtpolitik verwendet. Amerikanische und britische Wissenschaftler verstanden unter Geopolitik ursprünglich hingegen eine Analyse politischer (und wirtschaftlicher) Phänomene, die sich auf geographische Kausalfaktoren konzentriert.
· Die negative Konnotation des Begriffes Geopolitik ergibt sich aus seiner Verwendung in nationalkonservativen Kreisen der Weimarer Republik sowie seiner Prägung in den Vereinigten Staaten durch Henry Kissinger und Zbigniew Brzezinski.“ (Hervorhebungen vom Blogger)
[2] Brzezinski, Z., Die einzige Weltmacht. Amerikas Strategie der Vorherrschaft, Originalausgabe: The Grand Chessboard – American Primary und Its Geostrategic Imperatives
[3] Hervorhebungen vom Blogger.
[4] Der Amerikanische Exzeptionalismus … ist eine nationalistische Ideologie, die auf dem Postulat basiert, dass die Vereinigten Staaten von Amerika eine Sonderstellung gegenüber allen anderen Nationen einnehmen. https://de.wikipedia.org/wiki/Amerikanischer_Exzeptionalismus; 7.5.2025 – 9.25 Uhr
[5] Hervorhebungen hier und im Folgenden sowie Layoutveränderungen und Zwischentitel vom Blogger.
[6] https://www.bpb.de/themen/nordamerika/usa/517667/die-usa-zwischen-internationalismus-und-isolationismus/
[7] Ebda.
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