Verteidigungsfähig oder kriegstüchtig: Können wir (schon wieder) Krieg?

Jahrestag

In drei Tagen, am 18. Februar 2024, jährt sich die Sportpalastrede des Reichspropagandaministers Josef Goebbels (Ministerium für Volksaufklärung und Propaganda) zum einundachtzigsten Mal.

„Wollt ihr den totalen Krieg?“

„Ja!“, fünfzehntausend sorgsam ausgesuchte Parteigenossen und Teilnehmer jubeln, schreien, klatschen, springen auf, zeigen den Hitlergruß. Mit Propaganda versucht Goebbels die Bevölkerung nach der Katastrophe von Stalingrad zum Durchhalten, zum Ertragen von noch mehr Leid zu bewegen. Perfide Manipulation.

Konsens

Nach zwei Jahrhundertkatastrophen gab es – wohl zunächst – einen fast Welt-umspannenden Konsens: Nie wieder Krieg! Mit diesem Motto wurden wir, die kurz nach dem Zweiten Weltkrieg Geborenen, viele Jahrzehnte erzogen. Nie wieder Krieg!

Präambel zur Charta der Vereinten Nationen, 1945

„Wir, die Völker der Vereinten Nationen, sind fest entschlossen, künftige Geschlechter vor der Geißel des Krieges zu bewahren, die zweimal zu unseren Lebzeiten unsagbares Leid über die Menschheit gebracht hat.“

Warum gibt es denn überhaupt noch Kriege?

fragt der Autor Jonas Tögel.[1]

„Wie konnten sie geschehen, und warum ist es bis heute möglich, Kriege zu führen, obwohl sie unmoralisch, grausam und für die große Mehrheit der Bevölkerung zum Nachteil[2] sind und gegen das Völkerrecht verstoßen?“

Der Autor erläutert einen der Gründe:

„Hierbei wird eine Perspektive gerne vergessen, nämlich der Aspekt der Kriegspropaganda. Die gezielte psychologische Beeinflussung der Gedanken und Gefühle der Menschen ist spätestens seit dem Ersten Weltkrieg nicht nur eine wissenschaftliche Disziplin, sie hat auch maßgeblich dazu beigetragen, dass Kriege möglich waren und es bis heute sind. … Die modernste und fortschrittlichste Form dieser Kriegsführung heißt Cognitive Warfare oder zu Deutsch Kognitive Kriegsführung.“

Krieg und Frieden

In Deutschland hören wir,

·         - wir müssten innerhalb von fünf Jahren kriegstüchtig werden.

·         - Die Auseinandersetzung mit Russland in der Ukraine könne noch Jahrzehnte dauern.

Düstere Aussichten, oder?

Im Deutschlandfunk machte man sich Gedanken, wie Frieden entstehen kann.

https://www.deutschlandfunk.de/wie-entsteht-frieden-100.html?utm_source=pocket-newtab-de-de

„Wie enden Kriege?

Kriege können auf ganz unterschiedliche Weise enden. Sei es durch Kapitulation, ein militärisches Patt oder auch die Intervention Dritter. Eher selten kommt es vor, dass eine Kriegspartei militärisch geschlagen ist und ihre Niederlage anerkennt. Laut dem Konfliktforscher Thorsten Bonacker ist das nur bei 20 Prozent aller Kriege der Fall.“

Müssten da nicht, falls diese Analyse zutreffend ist, bezogen auf den Ukraine-Krieg, bei allen Politikern und Bürgern die Alarmglocken läuten? Hochdruck für Diplomatie und Verhandlungen, bevor die Ukraine völlig entvölkert und zerstört ist, bevor vielleicht durch Zufall oder Dummheit der letzte Weltkrieg, der atomare, die Menschheit vernichtet hat? Denn, man merke, nur ein Fünftel aller Kriege wird durch einen militärischen Sieg einer Partei beendet!

Eine Anleitung, wie man Frieden oder wenigstens einen Waffenstillstand zustande bringen könnte, liefert der Konfliktforscher auch:

·         - Kommunikation und Vermittler,

·         - Vertrauen in den Kriegsgegner,

·        -  Geringe Chancen auf den Sieg,

·        -  Abbau von Feindbildern.

1.      Kommunikation und Vermittler

a.       Eine zentrale Voraussetzung für Frieden ist, dass die Gegner miteinander sprechen, erklärt der Historiker Jörn Leonhard: „Kein Frieden ohne Kommunikation“. „Man muss die Kommunikationskanäle offenhalten, so schwer das fällt“, sagt er. Je mehr Kriegsverbrechen begangen wurden, umso schwieriger werde dies allerdings.

b.      Daneben brauche es Vermittler, zumal für einen wirklich stabilen Frieden.

2.      Vertrauen in den Kriegsgegner

Eine Voraussetzung für Friedensverhandlungen ist laut dem Konfliktforscher Thorsten Bonacker das Vertrauen darin, dass der Gegner es mit den Vereinbarungen ernst meint.[5]

3.      Geringe Chancen auf Sieg

a.       Wie die Chancen auf Frieden stehen, hängt auch davon ab, wie eine Konfliktpartei ihre Erfolgsaussichten auf dem Schlachtfeld einschätzt. Schwinde der Glaube an den Sieg, stiegen die Chancen auf eine Friedenslösung, so der Historiker Leonhard.

4.      Abbau von Feindbildern

Na, wollen wir hoffen, dass sich die Politiker, die Diplomaten endlich auf den Weg machen, bevor es für uns alle zu spät ist …

 



[1] Tögel, J., Kognitive Kriegsführung, Westend, 6. Aufl. 2023, S. 10.

[2] Hervorhebungen vom Blogger.

[5] Dass Merkel zum Beispiel zugab, das Minsker Abkommen nur geschlossen zu haben, um die Ukraine aufrüsten zu können, war in diesem Zusammenhang sicher nicht hilfreich!

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