Nudging in Sturm der Liebe – nein danke!

Nachdem[1] ich an mehr als 237 Tagen wochentags eineinhalb Stunden bei Sturm der Liebe vor der Glotze verbracht habe, fiel gestern meine Entscheidung: Diese Serie werde ich mir nie mehr antun! Hören Sie, warum.

Für Liebesgeschichten gab es schon immer ein interessiertes Publikum. Abaelard und Heloise im Roman de la Rose erhitzten bereits im 13. Jahrhundert die Gemüter, siebenhundert Jahre später verfielen vor allem Frauen bei Red Butler in Vom Winde verweht ins Träumen.

Der neue Serienheld, der Waldmann (Förster) Florian Vogt in Sturm der Liebe hat nun gar nichts von Red Butler. Er ist ein politisch korrektes Geschöpf seiner Drehbuchautoren. Klimawandel-bewusst[2], ausgestattet mit der richtigen Haltung gegenüber Frauen, immer ehrlich und ausnahmslos friedlich bis zur Selbstaufgabe. An seiner Seite die ebenfalls politisch-korrekte Maja von Thalheim, ebenso langweilig designt. Und diese beiden sollen nun als (Haupt-)Protagonisten die Phantasie des geschätzten Zuschauers anregen: Bekommen sie sich oder bekommen sie sich nicht? Welche Hindernisse legt wer und wie den beiden Liebenden in den Weg?

Nach der ersten Sendung mit den beiden ist man darauf so gespannt wie auf die Frage, ob Oma Hannelores Kuchen in Gelsenkirchen im Backofen verbrennt. Doch damit nicht genug. Eine früher verlogene, manipulative und betrügerische Rosalie Engel entdeckt plötzlich ihre Umwelt- und Gleichberechtigungs-Ziele; sie entschließt sich zur Kandidatur für den Posten der Landrätin. Voll überzeugend, diese Volte! Selina von Thalheim, bisher nur als ehrliche und aufrichtige Haut in Erscheinung getreten, entdeckt plötzlich ihre Verantwortung für die Arbeitsbedingungen ungarischer Arbeiter und so weiter …

Schwarz-Weiß-Malerei ohne Schattierungen, die vielen Guten -  und auf der anderen Seite wenige Böse. Vielleicht sollten die Drehbuchautoren, denen man dieses Nudging wohl verordnet hat, doch noch einmal in der Schule des kreativen Schreibens ein paar Kurse belegen …

Was ist Nudging? Was ist ein Nudge?

https://www.die-debatte.org/nudging-was-steckt-hinter-begriff-nudging/

„Nudges sind Eingriffe in die Entscheidungsarchitektur – also die sprachliche, physische, emotionale und soziale Umgebung, in der eine Entscheidung getroffen wird – die das Ziel haben, Menschen in eine bestimmte Richtung zu lenken und ihr Verhalten in vorhersagbarer Weise zu verändern.“[3]

Ursprünglich aus der Ökonomie stammend, hat das Konzept unzählige Follower gefunden, die Nudges zur Erziehung des Bürgers einsetzen.  

„So gibt es im deutschen Kanzleramt die Gruppe „wirksam regieren“, die für verschiedene Politikbereiche auf Grundlage verhaltens- und kommunikationswissenschaftlicher Erkenntnisse Maßnahmen entwickelt, die die erfolgreiche Umsetzung politischer Vorhaben unterstützen sollen.“

Ja, zuallererst Frau Merkel, unser aller Mutti, die war eine Anhängerin von Nudging. Aber Achtung!

Der allgegenwärtige totale Erziehungsversuch nervt den mündigen Bürger[4], der sich von den IWAbs (Ich weiß alles besser!) beständig unter Druck gesetzt fühlt: Er reagiert mit Ablehnung, Rückzug, Reaktanz. Er hat genug – so wie Ihr Blogger vom Sturm der Liebe.

Nudging – nein danke!

Schaut mal in die Leseproben - "Wat dat Volkherr jesacht hätt" in Erzähl Dir ZeitGeschichten, Twentysix 2019, dort wird das literarisch-amüsant verarbeitet ...

 

 

 



[1] Ich gestehe diese dunkle Seite meines an sich auf Lernen und Erkenntnis ausgerichteten Charakters freimütig und etwas beschämt ein ;-(

[2] Die ARD bevorzugt Klimakrise als Begriff, das soll dem wenig bewussten Zuschauer einen Stups, einen Nudge in die richtige Richtung geben …

[3] Hervorhebungen vom Blogger.

[4] Ist der nicht unsere demokratische Vorstellung???

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