Marxismus oder Totgesagte leben länger …

Als 1989/90 der real existierende Sozialismus des Ostblocks zusammenbrach, war die – fast – einhellige Meinung, dass der Marxismus/Leninismus/Sozialismus/Kommunismus nun tot sei. Er habe seine Chance gehabt und sie gründlich vergeigt!

War das ein Irrtum? In den Medien, in zahllosen Büchern aller Schattierungen wird seit einiger Zeit die Überwindung, die Systemtransformation, der Systemwandel, die Systemüberwindung des Kapitalismus[1] wegen der (Klima)Krise als „alternativlos“ dargestellt. Er sei wegen seiner innewohnenden Wachstumsdynamik schuld, dass der ständig steigende Ressourcenverbrauch den Planeten überfordere und wachsende Umweltzerstörung bewirke.[2]  Bücher wie „Kapitalismus ist nicht das Problem, sondern die Lösung“ von R. Zitelmann klingen da eher wie der Nachhall überholter Rufer in der Wüste, obwohl für kurze Zeit gerade die Impfbefürworter von Rot und Grün den Unternehmer Sahin von Biontech, also einen Kapitalisten, als Retter bejubelten.

Friedrich August von Hayek, Nobelpreisträger und (einst?) hochgeachtetes Vorbild aller Liberalen konstatierte 1944, Sozialismus sei „Der Weg in die Knechtschaft“. Er führe unweigerlich in den planwirtschaftlich geprägten übermächtigen Staat. Die Freiheit des Konsumenten, damit auch die Freizügigkeit des Arbeitnehmers und ihr Einfluss auf die Produktion sowie die demokratische Freiheit ganz allgemein würden verlorengehen. 

Im untergegangenen Ostblock war das genauso. Ob es bei einer – verbesserten – Neuauflage anders wäre?

Für die drei Spiegelautoren von „Auf die sanftere Tour“ über die Ideen von Karl Marx (Nr. 1/30.12.2022, S. 17) klingen jedenfalls die Worte von M. Shafik, der Direktorin der London School of Economics, schon einmal „mehr nach Verheißung als nach einer Drohung“.

M.Shafik

„… jetzt (sei) der Moment gekommen, wo das ganze Modell, der Kapitalismus, weiterentwickelt werden müsse. Wahrscheinlich sogar radikal.“

 



[1] Noch vor zwanzig Jahren war der Begriff verpönt, weil er seit Karl Marx einen sehr negativen Beiklang hatte. Das westliche System der Demokratie nannte sich stattdessen „Soziale Marktwirtschaft“.

[2] Dass das kommunistische China einer der größten Umweltsünder des Planeten ist, wird darüber oft vergessen.

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